Unfalldatenspeicher im Auto: Wie gläsern ist das Autofahren der Zukunft?
Für Autovermieter, Car-Sharing-Anbieter und Leasinggeber sind sie längst Basis für Abrechnungen: Datenspeicher im Auto zeichnen genau auf, wer wie lange fährt, welcher Fahrstil gepflegt wird und was im Falle eines Crashs kurz vor dem Zusammenstoß passierte. Inzwischen dienen diese Daten Gerichten als Indizien für die Beurteilung von Unfällen. Ein wichtiges datenschutzrelevantes Thema.
Moderne Autos sind fahrende Computer. Nicht nur, was dem Autofahrer inzwischen an Infotainment oder an Sicherheitsassistenten zur Seite gestellt wird, lässt den Fahrer zusehends mit seinem Fahrzeug zur Einheit verschmelzen. Auch für die Beurteilung von Unfällen sind die Datenmengen, die inzwischen von Blackboxes aufgezeichnet werden, äußerst aufschlussreich. Dabei geht es nicht nur um die rein physikalischen Daten, die das Unfallgeschehen detailliert beschreiben, was zuvor durch polizeiliche Rekonstruktionen erfasst werden musste. Auf Knopfdruck lassen sich Geschwindigkeit, Bremseinsatz und Lenkbewegungen zum Unfallzeitpunkt abrufen, wo zuvor Bremspuren und Fahrzeugverformungen gemessen wurden, um die Geschwindigkeit zum Unfallzeitpunkt annähernd zu ermitteln. Doch die Messungen im Auto gehen weit über diese Grunddaten hinaus. Beispielsweise sind aktuelle Sensorsysteme dazu in der Lage, die Fahrweise des Fahrers zu analysieren, um in unfallfreien Zeiten etwa Fahrtipps übers Display an den Fahrer weiterzugeben.
Schon heute ist teilautonomes Fahren Realität
Bis zu 80 Steuergeräte sind in einem aktuellen Auto verbaut. Galten ABS und ESP als sicherheitsrelevante Segnungen, die in kritischen Situationen teilweise die Kontrolle übernahmen, so sind es heute bereits unzählige Sicherheitsfeatures mehr, die den Fahrer nach und nach unterstützen und damit in eine trügerische Sicherheit wiegen. Bremsassistenten, Abstandregulatoren und auch die Müdigkeitserkennung lassen den modernen Fahrer immer mehr glauben, die Verantwortung für das Fahren an einen Computer abgeben zu können, was zwangsläufig dazu führt, dass sich vor allem junge Fahrer im Auto immer sicherer fühlen und sich ablenken lassen. Aber nicht nur die Sicherheit an Bord hat sich durch die Steuereinheiten geändert. Da nämlich alle verbauten Steuereinheiten miteinander vernetzt sind, werden auch im großen Stil Daten gesammelt, auf die sowohl die Hersteller wie auch die Komponentenlieferanten Zugriff haben, alles unter dem Aspekt, um die Systeme im Sinne einer KI immer leistungsfähiger zu machen.
Wer darf auf die vielen Daten zugreifen und zu welchem Zweck?
Derzeit ist die Rechtslage eindeutig, und der Einsatz von Datenspeichern im Fahrzeug stellt keinen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung des Fahrers dar. Der Unfalldatenspeicher ist ausschließlich durch Anordnung der Staatsanwaltschaft auswertbar. Ferner hat der Gesetzgeber geregelt, dass ein solcher Speicher nicht dauerhaft Daten erfasst und ablegt, sondern eine sogenannte initiale Erfassung vornimmt, beispielsweise durch die Auslösung des Airbags oder das Eingreifen einer elektronisch initiierten Notbremsung. Dabei werden die Daten permanent überschrieben, sobald eine Neuinitialisierung erfolgt und automatisch wieder gelöscht, wenn es nicht zum Datenabruf kommt. Doch wie sieht es mit den vielen anderen Datensammlern im Fahrzeug aus? Auch hier ist die Rechtsprechung eindeutig: Fahrzeughersteller, Komponentenlieferanten und Werkstätten dürfen Daten abrufen, um den Fahrzeugservice zu optimieren und für die wissenschaftliche Auswertung zur Optimierung von Unfallverhütungs-Technik. Dabei darf allerdings kein Zusammenhang zu den personenbezogenen Daten des Fahrers hergestellt werden. Fraglich bleibt freilich, inwieweit Infotainment, Navigations- und Routing-Dienste, die der Fahrzeug-Hersteller von externen Firmen zukauft, im Fahrzeugnetzwerk integriert sind. Denn auch hier werden fleißig Daten gesammelt, die sicherlich äußerst aufschlussreich für die Rekonstruktion eines Unfalls wären. Bisher ist allerdings kein Fall bekannt, in dem diese Daten in Ermittlungsverfahren zur Aufklärung hinzugezogen wurden.
Fazit
Der rechtliche Rahmen scheint durchaus dafür auszureichen, einen Unfallhergang aufgrund der erfassten Daten eines Unfalldatenspeichers zu rekonstruieren, ohne gegen die Grundsätze der DSGVO zu verstoßen. Wie es sich mit den übrigen Daten verhält, die in aktuellen Fahrzeugen erfasst werden, bedarf weiterer Klärung.
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