Studie kritisiert mangelnden Datenschutz bei den großen Streamingdiensten
Der österreichische Datenschutzverein „NOYB“ hat in einer Studie belegt, dass Streaming aus Datenschutz-Sicht nicht weniger problematisch ist als die Nutzung der großen Social-Media-Plattformen.
Auf den ersten Blick scheint der Datenschutz beim Streaming kein großes Problem zu sein. Denn naturgemäß ist der Nutzer mit einer IP-Adresse angemeldet, um die Inhalte aus dem Netz auf dem Smart-TV oder einem sonstigen internetfähigen Endgerät zu beziehen. Damit ist er eindeutig identifizierbar. Allerdings, so die Annahme der Datenschützer, werden sämtliche Bewegungen eines Nutzers permanent protokolliert, gespeichert und ausgewertet. So können Netflix, Amazon Prime oder DAZN sich von ihren Nutzern ein erschreckend klares und präzises Bild machen. Welche Art Sendung oder Musik sind in den Favoritenlisten, wann wird bevorzugt gestreamt? Das wäre ja noch halb so wild, aber die Auswertungen gehen noch viel weiter. Wer sich also öfter Inhalte über Finanzanlagen anschaut, plant vermutlich ein Investment. Und wer bevorzugt Herzschmerz-Schmacht-Filme herunterlädt, hat vermutlich Liebeskummer. Dies sind natürlich hoch relevante Informationen für Werbetreibende und letztlich können Streamingdienst-Nutzer sicher sein, dass diese Informationen zu sehr viel Geld gemacht werden.
Check der wichtigsten DSGVO-Schutzmaßnahmen
Die Datenschutzexperten von NOYB nahmen sowohl die Datenschutzerklärungen der Streaming-Dienste in Augenschein wie auch die Reaktionen auf Auskunftsersuchen. Zugrunde lagen die Artikel 13 und 14 DSGVO sowie Artikel 15. Bei den Datenschutzerklärungen kamen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass bei allen untersuchten Anbietern Teils erheblicher Nachbesserungsbedarf besteht. Insbesondere bei der Nennung von Zwecken, für die Daten erhoben, verarbeitet und gespeichert werden, blieben die Datenschutzerklärungen größten Teils exakte Aufklärung schuldig. Ebenso verhält es sich mit der Auswertung von Verhaltensmustern der Nutzer. Auch hier wird von vielen Anbietern nicht klar formuliert, für welche Zwecke die Aufzeichnung des Nutzungsverhaltens verwendet wird. Vor allem die Branchenriesen aus Übersee haben nach wie vor eklatante Schwächen bei der Darlegung darüber, welche Daten in welchem Ausmaß ins Ausland übermittelt werden – ein zentraler Punkt im generellen Datenschutzrecht. Dennoch sind die Datenschutzerklärungen nicht durchgängig fehlerhaft, wenngleich als Fazit großer Nachholbedarf festzustellen ist.
Ein viel differenzierteres Bild ergab sich beim Thema Auskunftserteilung. Hier konstatieren die Tester vor allem den Anbietern Amazon, Apple Music, Spotify und Youtube ein geradezu verheerendes Fehlverhalten in Bezug auf die Einhaltung der Regeln der DSGVO. Von den in Artikel 15 DSGVO definierten Auskunftspflichten wurde von den genannten Unternehmen nicht einmal ein Detail der Auskunftsersuchen im Sinne der DSGVO beantwortet. Deutlich besser schnitten dabei beispielsweise DAZN, Flimmit, Netflix und SoundCloud ab. Hier wurden größtenteils korrekte Auskünfte erteilt, wenngleich auch hier bei der Frage nach Datenübermittlung ins Ausland eher Schweigen im Walde herrschte.
Basierend auf dieser Untersuchung ergibt sich ein Bild, das wahrlich viele Fragen aufwirft. Teilweise stießen die Tester auf sich vollkommen widersprechende Aussagen in den Datenschutzerklärungen eines Anbieters. Teilweise wird auf die wesentlichen Aspekte lediglich nebulös eingegangen. Fakt ist, dass vermutlich bei den Nutzern der Dienste kaum ein Rechtsempfinden vorliegt, wenn sie die Dienste nutzen. Denn Datenschutzerklärungen werden erfahrungsgemäß von den Usern einfach nur weggeklickt, ein ähnliches Phänomen wie beim Einkaufen in Onlineshops. Ob viele Nutzer von ihrem Recht auf Auskunft Gebrauch machen, ist ebenfalls fraglich. Bleibt also festzustellen, dass vor allem das Streaming von Audio- und Video-Dateien ein Bereich ist, in dem die Konsumenten rein zielorientiert agieren: Mit möglichst wenigen Klicks zum gewünschten Medium. Dass sie dabei einen drastischen Datenmissbrauch erleiden, scheint nur wenige Nutzer zu stören.
Fazit
Gestreamt wurde schon lange vor Einführung der DSGVO, und viele Konsumenten machen sich durch die bloße Einführung eines Rechtssystems in einem Bereich, der vorher auch beinahe völlig ohne rechtliche Rahmenbedingungen funktionierte, wohl kaum die Mühe, ihre Nutzung nun auf den Prüfstand zu stellen. Dennoch wäre es wünschenswert, sowohl bei den bestehenden wie auch bei den künftigen Nutzern von Streamingdiensten ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass viele Anbieter in Sachen Datenschutz noch Schwachstellen besitzen. Die aktuelle Untersuchung aus Österreich zeigt einmal mehr, dass die großen Player noch immer viel zu unbekümmert mit den gesetzlich fundierten Forderungen der DSGVO umgehen, und dass damit sie in vielen Bereichen immer noch ungeschoren davonkommen.
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