Datenschutzwissen

Gewinnspiel gegen Daten: Der neue LDI-NRW-Vorschlag zur Lösung des Koppelungsverbots

Das waren noch Zeiten für Werbeagenturen und Marketingabteilungen: Man brachte ein Gewinnspiel unter die Leute, ein E-Book oder ein Sonderangebot – wer sich dafür interessierte, zahlte mit seinen Kontaktdaten und erhielt später aufgrund dieser allgemein akzeptierten Einwilligung weitere Angebote oder einen Newsletter.

Datenschutzbedenken gegen die freiwillige Überlassung von persönlichen Daten für Leistungen gab es kaum. Dann kam die DSGVO. Und mit Art. 7 hielt eine Rechtsnorm Einzug, die als Koppelungsverbot seither Marketingprofis um den Schlaf bringt. Selbst einige spezialisierte Juristen sind sich uneins über die Auffassung des Wortlauts, insbesondere von Absatz 4:

Bei der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde, muss dem Umstand in größtmöglichem Umfang Rechnung getragen werden, ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind.

Das Koppelungsverbot galt solange absolut, bis sich das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt) 2019 der Sache annahm. In dem konkreten Fall hatte ein Energieunternehmen gegen freiwillige Einwilligung in Werbeanrufe die Teilnahme an ein Gewinnspiel angeboten. Das Unternehmen verlor dann vor Gericht lediglich aus dem Grund, weil es nicht den Nachweis über korrekt erfolgte Einwilligungen erbrachte. Die Einwilligung an sich (Double Opt-in) sah das OLG nicht als datenschutzkritisch an.

Beim Double Opt-in erhält der Nutzer nach erfolgter Eintragung seiner E-Mail-Adresse in einen Verteiler eine Bestätigung seiner Anmeldung durch den Anbieter per E-Mail. Wird auch diese von ihm bestätigt, ist das Double Opt-in perfekt. Die doppelte Bestätigung hat eine Schutzfunktion vor Spam-Mails und gibt den kommerziellen Versendern Rechtssicherheit. Sie können sich darauf berufen, dass beispielsweise der Versand eines Newsletters auf eine freiwillige und noch einmal bestätigte Zustimmung hin erfolgte.

Die vom OLG vertretene Sicht wird nun von der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW (LDI NRW) infrage gestellt. In ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht sieht Bettina Gayk ebenfalls eine Möglichkeit, die Teilnahme an einem Gewinnspiel mit der Versendung von Newslettern zu koppeln, aber nicht auf Basis einer zuvor eingeholten Einwilligung von Nutzerseite. Hier sei eine Freiwilligkeit nach Art. 4 Nr. 11 und Art. 7, Abs. 4 DSGVO nicht gegeben. Da für die Teilnahme an einem Gewinnspiel nicht zwangsläufig auch eine Einwilligung in spätere Werbeaktionen nötig ist, stellt laut Gayk die oben beschriebene Praxis einen Verstoß gegen das Koppelungsverbot dar.

Sie präferiert zur Lösung dieses Problems stattdessen einen Vertragsabschluss auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Eine an ein Gewinnspiel gekoppelte Einwilligung in die Verarbeitung persönlicher Daten und darauf basierender Newsletter-Zusendung sei durchaus rechtens, sobald sich ihre Erfordernisse aus einem Vertrag zwischen Anbieter und Nutzer ergeben. Ein Gegenseitigkeitsverhältnis würde so den Anbieter in die Pflicht nehmen, dem Nutzer die Teilnahme am Gewinnspiel zu gestatten. Gewinnspiele wären damit nicht gratis, sondern vertraglich an die Zusendung von Daten gekoppelt. Im Prinzip macht dieser Ansatz genau das offensichtlich, was der fragliche Datenaustausch auch tatsächlich ist: ein Geschäft nämlich.

Die Urteilsbegründung der Frankfurter Richter findet in dieser recht sophistischen, wenig praxisorientierten Lösung keine Beachtung. Kritiker des LDI-Vorschlags machen darauf aufmerksam, dass dieser eine mit komfortablen Rechten ausgestattete Einwilligung des Nutzers ausschließt, um mittels eines konstruierten Vertragswerks auf anderem Wege ein Koppelungsgeschäft herbeizuführen, bei dem das Gewinnspiel im Tausch gegen Daten angeboten wird. Auf jeden Fall zeigt die Entwicklung, dass seit Inkrafttreten der DSGVO um eine ebenso kunden- wie marketingfreundliche Lösung für das Koppelungsproblem gerungen wird.

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