Datenanalyse mit Palantir-Software: Arbeitet die deutsche Polizei datenschutzgerecht?

Wenn Gefahr in Verzug ist, kommt es auf jede Minute an. Bei drohenden Straftaten nützen gespeicherte Daten aber nur dann, wenn die Polizei sie so schnell wie möglich verknüpfen und daraus Hinweise zur Tatvereitelung oder Festnahme von Tätern erhalten kann. Dafür wurde die Datenanalyse-Software Gotham des US-amerikanischen Unternehmens Palantir geschaffen. Doch ihr Einsatz in Deutschland ist unter Datenschützern hochumstritten.

Ermittler erhalten schnelle Datenzusammenfassung

Gotham wird in mehreren deutschen Bundesländern bereits verwendet – in Hessen etwa in der Version Hessendata, in Bayern unter dem sperrigen Namen Verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform (VeRA). Dieser bezeichnet sehr gut die Arbeitsweise der Palantir-Lösung. Verschiedene polizeiliche Daten – beispielsweise erfasste Autokennzeichen, Zeugenangaben oder Telefonmitschnitte – können plattform- und formatübergreifend zusammengeführt werden.

Das erlaubt Erkenntnisse, die viel schneller gewonnen werden können als in den bisherigen Auswertungsverfahren. Ermittler erhalten auf Knopfdruck zusammengefasste Dossiers zu einem laufenden Fall und müssen sich nicht mehr mit unzähligen Teilerkenntnissen verschiedener Datenformate herumschlagen. In erster Linie sorgt Gotham damit für einen Zeitgewinn. Gerade die Gefahr durch Terroranschläge könnte damit rechtzeitig gebannt werden. So behauptet denn auch der Palantir-Chef Alex Karp, dass es ohne die Software seines Unternehmens 2024 in Europa zu Anschlägen im Ausmaß des Massakers vom Oktober 2023 in Israel gekommen wäre.

Polizeiliche Erfolge mit Palantir in Deutschland

Fragt man nach konkreten Fahndungserfolgen, dann wird zuerst die maßgeblich auf Palantir-Technologie beruhende Zerschlagung des bisher größten bekannten Missbrauchsnetzwerk in Bergisch-Gladbach 2021 genannt. Vier Jahre zuvor gelang in Hessen dank Hessendata die Festnahme eines Jugendlichen mit Anschlagplänen. Auch bei den Ermittlungen nach dem Anschlag auf das israelische Generalkonsulat in München leistete VeRA 2024 wertvolle Dienste.

Die Vorwürfe der Datenschützer

Palantir ist eine Gründung des Milliardärs Peter Thiel, der auch PayPal geschaffen hat. In der Start-up-Phase wurde Palantir vom US-Geheimdienst CIA finanziert. Die CIA ist heute Nutzer von Gotham. Vor diesem Hintergrund befürchten europäische Datenschützer eine mögliche Weitergabe von Daten an den US-Dienst. Kritisch wird auch der Zugriff auf grundverschiedene Datensammlungen der deutschen Polizei gesehen – also genau das, was die Stärke des Programms ausmacht. Thomas Bernhard Petri, der Landesbeauftragte für Datenschutz des Freistaats Bayern, spricht von einer Gefahr für das Zweckbindungsgebot. Aktivisten glauben, dass durch die Datenzusammenführung Tatopfer oder -zeugen und selbst Zufallspersonen durch die Palantir-Software Verdächtigungen der Polizei ausgesetzt werden könnten.

So sicher ist die Palantir-Software

Palantir selbst beteuert, dass eine Datenweitergabe aus der Software heraus technisch nicht möglich sei. Die Anwendung laufe ohne Internetverbindung und ohne Nutzung externer Server. Ein Datentransfer über den Atlantik sei damit ausgeschlossen. Bevor das bayerische LKA die Palantir-Software VeRA erstmals einsetzte, hatte das Fraunhofer Institut für Sichere Informationstechnologie deren Quellcode überprüft. Ein geheimes Datenleck konnte nicht gefunden werden. Die Ermittler wiederum müssen bei jeder Nutzung der jeweiligen Gotham-Version eine Begründung für den Datenzugriff nennen und die Art der benötigten Daten angeben. Dieses Verfahren soll vor grundlos überzogenen Ermittlungen schützen und eine strenge Zweckbindung sicherstellen.

Gotham derzeit offenbar unersetzlich

Aus dem Bundesinnenministerium verlautet, dass gegenwärtig an einem IT-System gearbeitet wird, in dem Polizeidaten von Bund und Ländern nach dem Prinzip von Palantir zusammengeführt werden können. Die Prüfung von Optionen könnte zu einer alternativen Lösung führen. Mehr ist darüber nicht bekannt. Palantir selbst bezeichnet seine Software als alternativlos. Seinerzeit war die Wahl auf Gotham gefallen, weil dies die einzige Software war, die im Vergabeverfahren die Anforderungen erfüllen konnte. Der Kauf von Palantir-Software beruht übrigens auf einem Rahmenvertrag, den das bayerische LKA für alle Länder und den Bund mit dem Hersteller ausgehandelt hat.