Datensicherheit im Internet

Big Brother Award 2024: Der Datenschutz-Negativ-Preis macht nicht vor großen Namen halt

Negativ-Preise erfreuen sich großer Popularität. So ist der Anti-Oscar „Goldene Himbeere“ weltweit als gehässige Auszeichnung für schlechte schauspielerische Leistungen bekannt. In mehreren demokratisch geprägten Ländern wie Deutschland gibt es die Big Brother Awards.

Sie werden seit nunmehr 24 Jahren jährlich an Organisationen, Unternehmen, Regierungen und Einzelpersonen verliehen, die die Privatsphäre anderer in besonders eklatanter Weise beeinträchtigen oder persönliche Daten zugänglich machen. Es handelt sich also, wenn man so will, um einen Preis für schlechten Datenschutz. Dieses Jahr ging die Verleihung in Bielefeld an altbekannte und neue Datensünder.

Deutsche Bahn als Wiederholungstäter

Bereits zum dritten Mal erhielt die Deutsche Bahn den Big Brother Award als „einer der größten Datenkraken“ hierzulande. Als Fahrgast würde man zur Nutzung des DB-Navigators gezwungen – ein Thema, das auch auf dieser Plattform diskutiert wurde. So wurde von der Jury bemängelt, dass man heute nur noch digital Bahncards und Sparpreis-Tickets lösen könne. Die App aber verwendet Tracker, die abzulehnen unmöglich ist. Verantwortliche der Bahn waren wie auch alle anderen Preisträger nicht bei der zweifelhaften Preisverleihung erschienen. Die Deutsche Bahn teilte lediglich mit, dass sie den Datenschutz einhalten würde, aber die Digitalisierung nun mal nicht aufzuhalten sei.

Auch der Gesundheitsminister erhält einen Award

Die vielleicht interessanteste Personalie unter den Preisträgern von 2024 dürfte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sein. Ihm obliegt in seinem Amt auch die Umsetzung des Europäischen Raums für Gesundheitsdaten. In diesem sollen in Zukunft sensible Patientendaten für die medizinische Forschung und Entwicklung bereitgestellt werden. Obwohl diese Informationen anonym gespeichert sind, ließen sich nach Ansicht der Jury dennoch bei einer Häufung von Gesundheitsdaten Rückschlüsse auf konkrete Personen ziehen. Lauterbach hat seinen Big Brother Award bislang nicht kommentiert.

Videoüberwachung in Sachsen ist preiswürdig

Und auch das Innenministerium des Freistaats Sachsen bekommt sein Fett weg. Dort ist den Preisverleihern die Videoüberwachung des Straßenverkehrs einen Big Brother Award wert. In Sachsen sammeln mobile wie auch stationäre Kameras biometrische Daten von Verkehrsteilnehmern – und zwar unterschiedslos. Gesuchte Kriminelle und unbescholtene Bürger werden gleichermaßen per automatisierter Gesichtserkennung im Bild erfasst.

Ein bisschen Wirkung zeigt es schon

Nicht nur deutsche Institutionen sind im Visier der Award-Jury. So haben sich die chinesischen Internethändler Temu und Shein einen Negativ-Preis verdient, weil sie die Verantwortung bei der Geschäftsabwicklung auf ihre Kunden abwälzen. Markenrechtliche Klagen oder Zollgebühren bleiben so schnell mal beim Käufer hängen. Haben solche Preisverleihungen überhaupt Konsequenzen? Tchibo, Preisträger von 2004, hat seinerzeit den Handel mit Kundendaten beendet, nachdem dieser öffentlich wurde. Und die Großkonzerne Deutsche Telekom und Microsoft ließen es sich tatsächlich nicht nehmen, ihre Awards in den vergangenen Jahren durch Vertreter persönlich abholen zu lassen. Sollte signalisieren: Wir haben verstanden.

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